Hallo,

ich heiße Pier Michelatti, bin Musiker und hatte in den letzten 25 Jahren das Privileg und Glück mit einigen der größten italienischen Künstlern zusammen zu arbeiten (s. auf meiner Homepage www.piermichelatti.com). Natürlich haben sich mit diesen Persönlichkeiten gewisse Beziehungen eingestellt, die allerdings nie über die typische berufliche Beziehung hinausgegangen sind. Der einzige Künstler, mit dem ich eine richtige Freundschaft aufbauen konnte, war Fabrizio; und das war nicht nur für mich so, sondern für all seine anderen Musiker und Mitarbeiter. Ich weiß nicht, warum … vielleicht weil er ein sehr besonderer, authentischer, großzügiger und ehrlicher Mensch war. Wie Dori (Dori Ghezzi, Fabrizios Witwe) sagt, ich will keinen “Heiligen” aus ihm machen … Bicio (Fabrizio De André) war ein Mann mit vielen guten Eigenschaften, aber auch vielen Fehlern. Legt man allerdings alles in die Waagschalen, so überwiegen seine guten Seiten über die Unvollkommenheiten. Er war fähig, Dinge genauestens zu analysieren und vor allem zusammenzufassen, was den Gesprächspartner oftmals sprachlos machte. Er war neugierig und begierig auf das “Wissen”. Er wollte seine Mitarbeiter gänzlich kennenlernen, bis zu dem Punkt, in dem er deine Seele erforschte und Dinge herauszog, von denen du nicht einmal wusstest, dass sie in deinem Innersten seien … womit er dich manchmal erschrak.

 

Keine Frage, dass er eine sehr große Leere in uns als seinen Mitarbeitern hinterließ, nachdem er von uns gegangen war. Bei mir folgte gleich darauf das Bedauern, nicht mehr seine wunderbare Musik spielen zu können.

Erst am Abend des 12. März 2000 wurde mir wirklich bewusst, dass Fabrizio nicht mehr unter uns war, als mich Dori ein Jahr nach seinem Lebensende einlud, als historisches Mitglied seiner Gruppe ein letztes Mal auf der Bühne des Teatro Carlo Felice in Genua die wundervollen Stücke zu spielen, die er uns hinterlassen hat. Während wir an jenem Abend „Creuza de Ma“ spielten, überkam mich ein Gefühl großer Traurigkeit, vermischt mit einem Hauch von Angst … Sollte ich wahrhaftig diese Stücke nie wieder spielen? Nein, das war unmöglich.

 

So habe ich mich nach langem Hin und Her an die „Fondazione De André“, die Stiftung, gewandt, um mit Dori Ghezzi über diese Idee zu sprechen. Dori war glücklich, mir die Unterstützung der Stiftung zusichern zu können und hier sind wir nun: Die Gruppe nennt sich “Faber Per Sempre” (= Faber für immer), um gerade eben in unserem Kleinen dazu beizutragen, dass Fabrizios Werke nicht langsam in Vergessenheit geraten. Auch wenn ich sagen muss, dass sein Name bereits Teil der Tradition unseres Landes geworden ist, da ihm Plätze, Straßen, Schulen, Vereine, etc. gewidmet wurden, Ich bin allerdings der Meinung, dass man seine Musik sehr wenig hört, weshalb wir – wie oben bereits geschrieben – dazu beitragen möchten, dass eben dies nicht geschieht. Es wäre unverzeihlich, den Schatz zu verlieren, den uns dieser wunderbare Mensch und Künstler vermacht hat.

Pier Michelatti

 

 “…io mi dico è stato meglio lasciarci, che non esserci mai incontrati.”

(… ich sage mir, dass es besser ist, auseinander gegangen zu sein, als uns nie begegnet zu sein)

 

Fabrizio De André